Heute melde ich mich zum ersten zurück aus München. Nach den letzten Monaten auf Reisen freue ich mich doch, jetzt endlich wieder zuhause zu sein. Auch, wenn ich meine Reise sehr spannend fand, gefällt es mir in München doch nach wie vor am besten 🙂
Anstatt euch jetzt Fotos von meinen ersten Tagen in München zu zeigen (Spoiler: es gibt praktisch keine), möchte ich euch heute mitnehmen auf einen Ausflug durch meine Leseliste. Genauer genommen zu den Büchern, die ich in den ersten drei Monaten diesen Jahres gelesen habe.
Januar: Steffen Mau, „Sortiermaschinen – Die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert“
Dieses Buch des Berliner Soziologen Steffen Mau diskutiert in neun Kapiteln und auf 165 Seiten Funktionen und Gestalt von Grenzen im 21. Jahrhundert. Dabei macht der Autor einige interessante Beobachtungen, wie zum Beispiel die Schaffung neuer, nicht-physischer Grenzen durch Verfahren der Visa-(Nicht)-Vergabe oder die Ausweitung von Grenzzonen auch und besonders an Außengrenzen größerer Staaten(ver)bünde.
Das Ganze war ganz interessant zu lesen, insbesondere nach dem ich durch meine USA-Reise zu der Zeit persönlich viel mit Grenzen und Visa-Prozessen zu tun hatte, allerdings hätte das Buch aus meiner Sicht auch wesentlich kürzer ausfallen können. Insbesondere die manchmal doch recht hochtrabende Sprache hat es für mich als Nicht-Soziologen stellenweise schwer gemacht, das Buch zu verstehen. Dann wieder gab es Wiederholungen, die meiner Meinung weitere dahinter liegende Prozesse verschleiert haben, statt sie zu betonen.
Interessant fand ich die Erkenntnis, dass in unserer globalisierten Welt mit aus meiner individuellen Wahrnehmung weniger (harter) Grenzen tatsächlich die Zahl befestigter Grenzen zunimmt. Meine „falsche“ Wahrnehmung hat sicherlich damit zu tun, dass ich zu einer Gruppe gehöre, die durch die gegenwärtige Globalisierung ungleich bevorzugt wird – siehe nur meinen Forschungsaufenthalt in den USA 😉
Fazit: Ganz nett, aber nichts, was man gelesen haben muss.
Februar: Cal Newport, „Eine Welt ohne E‑Mail“
Wie ihr womöglich schon gesehen habt, mag ich die Gedanken von Cal Newport (Informatiker an der Georgetown University in Washington, D.C.) zu den digitalen (Fehl-)Entwicklungen unserer Zeit und ihren Auswirkungen auf unser Verhalten und unsere Arbeitsweise. In seinem aktuellsten Buch stellt er nun seine Beobachtungen und darauf aufbauende Prozesse vor, um „konzentrierter [zu] arbeiten in der Kommunikationsflut“ wie es der Untertitel formuliert.
Auch wenn sich in dem Buch einige interessante Gedanken finden, hat mich das Buch gegenüber seinen beiden vorhergehenden Büchern „Konzentriert arbeiten“ und „Digitaler Minimalismus“ etwas enttäuscht. Dafür, dass das Buch etwa 300 Seiten lang ist, hatte es zumindest für mich erstaunlich wenig Neues zu sagen. Es mag sein, dass dieses Buch für Selbstständige, Abteilungsleiter oder Managerinnen mehr zu bieten hat, aber ich fand die Erkenntnisse überschaubar. Hört lieber Cal Newports Podcast „Deep Questions“, insbesondere in den letzten Monaten hat er dabei die Kernideen seines Buchs meiner Meinung anschaulicher und – für mich – hilfreicher diskutiert.
Fazit: Interessant, wenn ihr über eure Art zu arbeiten nachdenken wollt. Für Newport-Kenner aber wenig Neues
März: Frank Wilczek, „Fundamentals – Ten Keys to Reality“
Dieses Buch war definitiv mein Highlight des ersten Quartals und eines der interessantesten Bücher, die ich seit langem gelesen habe! Frank Wilczek (Physik-Nobelpreis 2004, jetzt am MIT in Cambridge/Boston) ist (aus meiner Sicht) sowieso einer der herausragenden theoretischen Physiker unserer Zeit und seine Gedanken über die grundlegendsten aller Dinge wollte ich insofern auf jeden Fall kennenlernen.
Das Buch hat mich dann noch mehr begeistert, weil es eine Fülle anschaulicher Bilder verwendet, die mir hoffentlich in den nächsten Monaten, Jahren und Jahrzehnten dabei helfen werden, meine Mitmenschen für die spannendsten (und zugleich einige der schwierigsten) Fragen der Welt zu begeistern. Nach einem ersten Teil darüber, „what there is“ (viel Raum und Zeit, sehr wenige „Zutaten“ und Gesetze, viel Materie und Energie), wendet er sich im zweiten Teil Anfängen und Enden in diversen Facetten zu. Vor allem der erste Teil hat mich durch seine klare (De-)Konstruktion der Welt um uns begeistert, wobei er nie den Blick für das Große Ganze verliert. Alle Kapitel schließt er zudem mit einem Ausblick ab, was aus seiner Sicht zukünftige Entwicklungen und Fragen für die Physik sind oder sein sollten. Insofern ein tolles Buch, wenn ihr gerade darüber nachdenkt, was ihr eigentlich in den nächsten 40 Jahren eures Lebens als Physiker anstellen wollt 😉
Fazit: Ein großartiges Buch, das ich wirklich ALLEN ans Herz legen möchte. Ich habe selten ein Buch über Physik gelesen, das so angenehm und (meiner Meinung nach) allgemeinverständlich geschrieben ist und trotzdem die Physik im Wesentlichen vollständig darstellt.
(Es gibt auch eine deutsche Übersetzung des Buchs, die allerdings nicht ganz so gut sein soll, nach dem, was ich gehört habe.)
Ausblick auf die nächsten Bücher
Ich hoffe, mit diesen drei doch recht verschiedenen Büchern habe ich euch vielleicht angeregt, selbst ein interessantes Buch in die Hand zu nehmen. Ich jedenfalls möchte versuchen, weiter dran zu bleiben und zumindest ein Buch pro Monat zu lesen.
Gerade habe ich angefangen, „Roter Mars“ von Kim Stanley Robinson zu lesen. Wenn es mir gefällt, gibt es mit „Grüner Mars“ und „Blauer Mars“ nochmal zwei ~1000-Seiten-Wälzer in dieser klassischen Trilogie der Hard Science-Fiction. Ich bin gespannt!
Ansonsten überlege ich momentan, die Philip Anderson-Biographie „A Mind Over Matter“ von Andrew Zangwill zu lesen, die sich einem der größten Festkörperphysiker aller Zeiten widmet, der im Frühjahr 2020 gestorben ist.
Beim dritten Buch bin ich noch nicht sicher, was es werden soll. Am liebsten etwas mit gesellschaftlicher Bedeutung und einem Hintergrund in den Geistes- oder Gesellschaftswissenschaften. Vielleicht habt ihr ja eine Idee, was ich unbedingt lesen sollte?
Ein Gedanke zu „Finally back zuhause“